Yamas und Niyamas – Ethik auf Papier geschrieben

Das Fundament von Yoga bilden die Yamas und Niyamas – zehn Prinzipien für ein bewusstes Leben.

Sie sind wie innere Wegweiser: nach außen hin für den Umgang mit anderen, nach innen hin für die eigene Haltung.

Doch was nützen Wegweiser, wenn wir nicht lernen, sie achtsam zu nutzen?
Hier setzt die Graphotherapie an. Wenn du schreibst, bringst du dein Innerstes sichtbar ins Außen.

Die Bewegung deiner Hand wird zur Spiegelung deines Geistes. Jedes Wort, das du zu Papier bringst, kann ein Akt der Transformation sein.

Betrachte mit mir die Grundgedanken eines erfüllten Lebens aus der Sicht des Yogis in Verbindung mit dem Schreiben. 

Mir selbst hat diese Kombination sehr geholfen. Anfangs habe ich mir die “Regeln“ wiederholt aufgeschrieben, bis ich sie verstanden- innen-licht hatte. 

Viel Freude beim Erkunden und ausprobieren. 


 Yamas – geschriebenes Verhalten gegenüber der Welt

  1. Ahimsa (absolute Gewaltlosigkeit) Sanftheit in Gedanken, Worten und Taten. Gewaltlosigkeit bedeutet nicht nur, niemandem körperlich zu schaden, sondern auch die Feinheiten: keine harten Urteile, kein unnötiges Sich-selbst-Verletzen durch innere Kritik. Schreibe dir ein paar Sätze der Sanftheit. Erinnere dich in jedem Moment daran, wie du mit dir selbst sprichst. Notiere dir Worte, die dich nähren statt verletzen. Schon das bewusste Formulieren kann ein Training in innerer Freundlichkeit sein.

  2. Satya (Wahrhaftigkeit)
    Authentizität und Ehrlichkeit. Wahrhaftigkeit ist ein ehrliches „Ja“ und ein klares „Nein“. Das braucht Übung. Trau dich und sprich ohne Härte, sondern in Verbindung mit Herz und deiner inneren Wahrheit. Tagebuchschreiben ist radikale Ehrlichkeit zu sich selbst. Deine handschriftlichen Muster täuschen dich nicht. Wenn du deine Wahrheit schreibst, entsteht Klarheit und Mut, sie auch zu leben.

  3. Asteya (Nichtstehlen)
    Nicht stehlen bedeutet auch, niemandem Energie oder Zeit zu rauben – weder die der anderen, noch deine eigene. Dies bedeutet, einen respektvollen Umgang mit Ressourcen auf allen Ebenen zu pflegen. Beobachte beim Schreiben: Lebst du in eigenen Worten, oder übernimmst du fremde Meinungen oder Ansichten? Die Graphotherapie lädt dich ein, die eigene Handschrift zu erforschen, so wie die eigenen Erfahrungen, Gedankenwege und Meinungen zu erkennen. 

  4. Brahmacharya (Maßhalten, Energielenkung)
    Früher oft verstanden und übersetzt als absolute körperliche Enthaltsamkeit. Heute ist mehr ein bewusster Umgang mit Energien gemeint. Beziehe alles mit ein - Medien, Konsum, Materie, Sexualität, Information, Bewegung .... Maßhalten meint: nicht verschwenden, nicht zerstreuen, sondern das für dich Wesentliche nähren. Schreibe bewusst und achtsam, nicht hastig. Erlebe, wie Tempo und Druck der Schrift deine Energie spiegeln. Ein zentriertes Schreiben kann dich lehren, Kräfte und Gedanken zu bündeln.

  5. Aparigraha (Nicht-Anhaften)
    Übe Loslassen im Schreiben: alte Geschichten zu Papier bringen und danach die Seite schließen. Nutze Schreiben als Ritual deiner inneren  Befreiung. Anhaften und an etwas Klammern zeigt sich auch in der Schrift: zu viel Enge, keine Zwischenräume, vor allem zwischen Wörtern. Übe dich im locker bleiben. Finde Freude an der Klarheit deiner Schriftzüge. 


Niyamas – geschriebenes Verhalten zu dir selbst

  1. Shaucha (Reinheit)
    Bewusste Reinigung deines Körpers, deines Geistes und deines Umfeldes. Eine routinierte Art äußere und innere Hygiene mit dir selbst zu betreiben hält dich frisch und gesund. Handschriftliches schreiben auf einem sauberen Blatt mit einer klaren Linie ist auch eine Art von Hygiene. Wenn deine Gedanken wirr sind, bringt Schreiben Ordnung und Licht in dein Oberstübchen. Bereits 6 Minuten erhellen und beruhigen dein Nervenkostüm.

  2. Santosha (Zufriedenheit)
    Das „Ja“ zum Hier und Jetzt – Frieden schließen mit dem, was ist. Führe ein Dankbarkeitstagebuch und notiere dir jeden Tag drei Dinge, für die du dankbar bist. Aufschreiben verankert deine Gefühle der Zufriedenheit tiefer als bloßes Denken.

  3. Tapas (Disziplin)
    Die Kraft, sich selbst zu transformieren, durch Übung, Konsequenz und Selbstdisziplin. Schreibe täglich für eine kleine Weile,  auch wenn es nur fünf Minuten sind. Die Beständigkeit deiner Hand trainiert die Beständigkeit des Geistes.

  4. Svadhyaya (Selbststudium)
    Sich selbst erforschen und die eigene Psyche beobachten. Weisheit aus spirituellen Schriften aufnehmen, die dir gut tun und mit dir räsonieren. Beobachte deine Handschrift. Spiegelt sie Spannung, Weite, Angst, Kraft oder Schwäche? Graphotherapie wird so zur Selbstbegegnung: Du erkennst dich in deiner Linienführung, in den Bögen, Strichen und in jedem einzelnen Buchstaben.

  5. Ishvara Pranidhana (Hingabe)
    Hingabe an eine größere Instanz. Das ist für viele eine schwierige Aufgabe. Gemeint ist, mit Demut, Vertrauen und einer tiefen Anerkennung an die göttliche Natur in dir, und in allem. Zu wissen, dass du und ich, und alle anderen auch, Teil von etwas Größerem sind. Hingabe im Schreiben heißt: nicht kontrollieren, sondern vertrauen und beobachten.


✍️ Schreiben als Yoga der Hand

Yamas und Niyamas lehren, wie du in Harmonie leben kannst – mit anderen und mit dir selbst.
Die Graphotherapie, wo du dir lernst, behutsam, achtsam und langsam deine eigenen Wege zu gehen - deine eigenen Linien in diesem Leben zu ziehen. Es ist ein praktisches Werkzeug, diese Prinzipien praktisch umzusetzen: indem du sie schreibst, manifestierst du sie. Du läßt sie in dein Unterbewusstsein sinken.

Dein weißes Blatt Papier wird so zum stillen Yogaraum, dein Stift zum Atem deiner Seele.
Jeder Satz ist ein Schritt für mehr Selbsterkenntnis. 

Viel Freude beim Lesen, Studieren und Ausprobieren. Wiederholung macht dich zum Meister und zur Meisterin in allem was du tust. 

Marika Jacqueline Mitterhofer