„Schreiben in Aufrichtung – wenn Buchstaben Haltung zeigen“

Wenn wir schreiben, halten wir inne.
Die Hand führt nicht nur Worte über das Papier – sie führt auch uns.
In einer Zeit, in der vieles oberflächlich und schnell geschieht, ist das Schreiben mit der Hand eine Rückkehr zur Langsamkeit, zur Klarheit und zur eigenen Mitte.

Dabei offenbart sich: Schreiben ist nicht nur ein Ausdruck des Denkens, sondern auch eine Form von körperlicher Haltung.
Es ist ein stilles Training der inneren und äußeren Aufrichtung.
Buchstabe für Buchstabe entsteht ein Raum, in dem Achtsamkeit wächst – und mit ihr das Bewusstsein für Atem, Erdung und Präsenz.

 

Besonders die geraden, senkrechten Linien vieler Buchstaben laden ein, sich bewusst auszurichten.

Viele Buchstaben im Vimala-Alphabet beginnen mit einer geraden Linie von oben nach unten.
Mit dieser Bewegung ziehe ich eine Linie vom Himmel zur Erde – ich trenne das Gestern vom Morgen
und verankere mich im gegenwärtigen Moment.

Diese einfache, klare Geste erinnert dich daran, dass du einen Körper bewohnst,
einen Raum, der gespürt, geachtet und geführt werden will.

Sie möchte dich erinnern:

Ich bin da.
Ich bin aufrecht.
Ich bin verbunden – mit oben und unten, mit meinem Ursprung und meinem Weg.

 

Jeder Buchstabe, den du schreibst, ist ein Schritt zurück zu dir selbst.“

„Richte dich auf. Werde dir deines Rückens bewusst. Und atme.“

 

Hier begegnen wir dem Ansatz von Moshe Feldenkrais, der davon sprach, dass Qualität durch Bewusstheit entsteht.
Wenn wir uns beim Schreiben achtsam bewegen, trainieren wir nicht nur unsere Feinmotorik, sondern auch unsere Fähigkeit,
uns selbst klarer zu spüren und präsenter zu sein.

So wird das Schreiben zur Bewegung, die aus dem Inneren heraus geführt wird – stabil und zugleich geschmeidig,
wie ein Tanz aus Struktur und Sanftheit.

Die aufrechte Linie ist wie ein stiller Lehrer.
Sie lehrt uns Haltung – nicht im moralischen Sinn, sondern im ganz konkreten, körperlich erfahrbaren.

Die Biegungen, die sich an sie anschließen, bringen das Fließen zurück – sie machen das Schreiben lebendig, menschlich und beweglich.
Eine Handschrift, die aufrecht beginnt und sich geschmeidig bewegt, erinnert an Bambus im Wind:
geerdet, elastisch, standfest – und offen für alles, was kommt.

Wenn du schreibst, schreibst du nicht nur Sätze – du formst innere Haltungen.
Du stärkst deinen Rücken, deinen Atem und dein Selbstgefühl.

Schreiben kann dich daran erinnern, wer du bist,
wenn du ganz bei dir bist:
aufgerichtet, verbunden, wach und weich zugleich. 

 

Schreibimpuls zur Körperverbindung:
Nimm dir einen Moment Zeit.
Ziehe mit dem Stift eine ruhige, klare Linie von oben nach unten – langsam, mit Atem, mit Bewusstsein.
Spüre dabei deine Wirbelsäule. Richte dich auf. Werde ganz präsent.

Wiederhole diese Linie einige Male – und beobachte, wie sich deine Haltung verändert, wie dein Atem ruhiger wird und dein Denken weicher.

 

Und wer weiß – vielleicht beginnt dein Tag genau hier:
Mit einem einzigen Strich, der dich zurück zu dir selbst führt.

Ich wünsche dir Freude beim Schreiben und ein gutes Gefühl in deiner Mitte.
Mit herzlichen und handschriftlichen Grüßen 
Marika Jacqueline Mitterhofer