Etty Hillesum – Schreiben als innerer Freiheitsraum

Wenn vom mutigen Schreiben junger Frauen im Angesicht des Schreckens vergangener Zeiten die Rede ist,

denken viele zuerst an Sophie Scholl.

Ihr Widerstand gegen das Naziregime, ihre klaren Worte und ihr frühes Ende sind tief im kollektiven Gedächtnis verankert.

Ihr Name steht für Aufrichtigkeit, Mut und Zivilcourage.

Doch daneben gibt es noch eine andere junge Frau, die schrieb –

nicht aus dem Widerstand heraus, sondern mitten aus dem Leben, mitten aus der Dunkelheit.

Auch sie hielt die Feder wie ein Licht in der Hand: 

Etty Hillesum.

 

Sie war keine politische Kämpferin im klassischen Sinn.
Sie war eine junge Frau mit Sehnsucht und mit dem tiefen Drang, das Leben zu verstehen – selbst dort, wo es wehtut.

In ihrem Tagebuch schreibt sie über ihre innere Unruhe, ihre Liebesgeschichten und auch ihre menschlichen Zweifel.
Etty war kein makelloses Ideal, sondern ein Mensch mit Tiefe –
lebendig, voller Widersprüche, und aufrichtig im Blick nach innen.
Genau darin liegt ihre Größe. Weil sie sich nicht verleugnet hat sondern genau in sich hinein hörte. 
Und weil sie sich dafür entschieden hat, nicht zu hassen.

Sie schrieb:
„Man sollte einen Platz in sich selbst schaffen, wo man wohnen kann.“

Diesen inneren Ort hat sie sich Schritt für Schritt erschrieben.

Mitten im Chaos hielt sie fest an ihrer Würde, an ihrem Glauben an das Gute im Menschen
und an ihrer stillen, ganz persönlichen Verbindung zu Gott.

Etty fand die Kraft, Menschen nach Westerbork zu begleiten – aus freiem Willen.
Weil sie spürte, dass genau dort ihr Platz war.
Dass sie etwas geben konnte, was in diesen Zeiten so selten war:
Nähe, Mitgefühl, Menschlichkeit.

Sie hat sich selbst nie als Opfer gesehen. Sondern als jemand, der auch in schwierigen Zeiten eine Aufgabe hatte.
Etwas, das Sinn macht und das sie trägt.

 

Was mich an ihr besonders berührt, ist nicht nur ihr unglaublicher Mut, sondern ihre stille Weigerung, zu verbittern.

Sie hat nicht laut protestiert – aber sie hat sich geweigert, ihr inneres Licht der absurden Dunkelheit dieser Zeit zu überlassen.

Das Schreiben wurde für Etty zum Akt der Würde.

Ein täglicher Ausdruck des Lebens – manchmal erschöpft, aber immer ehrlich mit sich selbst.

Solange sie schrieb, blieb sie in Verbindung – und mit etwas, das wichtiger war als alles, was außen geschah.

Vielleicht ist genau das auch für dich das Geschenk des Schreibens:
Ein stiller Raum, in dem du atmest, beobachtest, dich innerlich aufrichtest – und wieder spürst, dass du lebst.

 

 „Ich werde helfen, dass das Leid nicht umsonst ist.“

                                                                  Etty Hillesum

 

Für mich, und für viele andere Menschen, ist das Schreiben mehr als eine kreative Tätigkeit.

Es ist ein Anker, ein inneres Sortieren und ein Rückweg vom Lauten ins Leise.
Gerade in Zeiten, in denen so vieles im Wandel ist, hilft das Schreiben, still zu werden, zu spüren –
und nicht verloren zu gehen in all den Stimmen.

Es schenkt Klarheit, macht die Gedanken sichtbar und bringt dich zurück zu dem, was sich für dich wahrhaftig anfühlt.

Wort für Wort findest du wieder Heim – zu dir selbst.

Ich wünsche uns allen von Herzen gesegnete Osterfeiertage.
Möge inmitten aller Wandlung das Licht in uns spürbar bleiben.
Danke für dein Dasein, dein Mitlesen und dein Mitfühlen.


Marika Jacqueline Mitterhofer